ETF Nachteile – Wie entscheidend sind sie?

In Zeiten der Niedrigzinsen erfreuen sich ETFs einer hohen Beliebtheit. Gibt es doch kaum eine Anlagemöglichkeit, die eine relativ sichere Rendite von mehr als 5 Prozent pro Jahr erwirtschaftet.

Für den langfristigen Vermögensaufbau ist Dein Geld in ETFs gut aufgehoben. Dennoch dürfen gewisse Nachteile nicht verschwiegen werden.

Bevor Du Dein Geld in ETFs investierst, ist die Betrachtung sowohl der Vorteile als auch Nachteile wichtig für das Treffen der richtigen Entscheidung.

Erfahre, welche Nachteile mit ETFs verbunden sind und ob diese ein Ausschlusskriterium für Dich darstellen.

Kein Stimmrecht

Mit dem Kauf des ETFs erwirbst Du indirekt Anteile an Unternehmen. Denn der ETF legt Dein Geld wiederum in Aktien des Index an, weshalb Du zum Teilhaber wirst.

Würdest Du die Aktien direkt kaufen, würde in den meisten Fällen ein Stimmrecht damit einhergehen. Denn als Teilhaber darfst Du Richtung der Aktiengesellschaft mitbestimmen und entscheiden, ob Du den Plänen des Vorstands zustimmst oder diese für keine gewinnbringende Idee hältst.

In der Praxis ist Dein Stimmanteil bei den meisten Gesellschaften sehr gering. Du wirst also selten das Zünglein an der Waage sein, welches die Richtung maßgeblich beeinflusst. Bei den meisten Aktiengesellschaften müsstest Du sehr hohe Beträge investieren, um überhaupt ein nennenswertes Stimmrecht zu besitzen.

Dennoch gehört es zum demokratischen Prozess, dass Du mit dem Kauf der Aktien die Möglichkeit besitzt an der Hauptversammlung teilzunehmen. Dort kannst Du etwa Deinen Unmut äußern und dem Vorstand aufzeigen, dass Du mit deren Unternehmenspolitik nicht zufrieden bist.

Beim Kauf eines ETFs gibst Du dieses Stimmrecht ab. Der ETF kauft die Anteile und hat seinerseits nun die Möglichkeit, einen Einfluss auf das Unternehmen auszuüben.

Je nach Fondsgesellschaft wird das Stimmrecht unterschiedlich intensiv wahrgenommen. Es dient in den meisten Fällen als Kontrollmechanismus und wird teilweise genutzt, um die Unternehmensrichtung zu beeinflussen.

Damit übt die Fondsgesellschaft das Stimmrecht aus, welches möglicherweise nicht Deinem persönlichen Empfinden entspricht. Dies ist ein deutlicher Punkt, der zu den ETF Nachteilen zählt. Du erhältst trotz Investition kein Mitspracherecht und teilweise entscheiden die Fondsgesellschaften gegen Deinen Willen.

Möchtest Du Dich aktiv an der Unternehmenspolitik beteiligen, sind Aktien der bessere Weg. Allerdings sind hierfür hohe Summen notwendig, um einen tatsächlichen Einfluss zu erhalten.

Wertschwankungen

ETFs erwirtschaften eine Rendite von durchschnittlich 5 Prozent im Jahr. Historisch betrachtet seit den 1970er Jahren war der Wert sogar noch höher. Damit sind die 5 Prozent bereits konservativ geschätzt.

Für eine langfristige Anlage sind ETFs optimal. Bei einer Anlagedauer von mindestens 10 Jahren kommst Du der erwarteten Rendite sehr nahe. Sollten Krisenphasen eintreten, sind diese nach solch einem Zeitraum meist überwunden und die Erholung ist eingetreten.

In der kurzen Frist ist die Wertentwicklung aber deutlich schwankender. Innerhalb eines Tages kann Dein ETF Portfolio mehrere Prozent an Wert verlieren. Je nach Anlagehöhe bedeutet dies, dass zunächst Dein Vermögen um mehrere tausend Euro, wie aus dem Nichts, reduziert wurde.

Als Investor an der Börse sind solche Schwankungen vollkommen normal. Im Gegenzug kann das Portfolio auch mehrere Prozent am Tag zulegen.

Problematisch wird es, wenn Anleger den ETF als Sparmöglichkeit für einen kürzeren Zeitraum nutzen. Steht bei Dir innerhalb der nächsten Jahre ein Hausbau an, ist es keine gute Idee, das Eigenkapital über diesen Anlagehorizont in einen ETF zu investieren. Dieser kann Dir nicht garantieren, dass die erforderliche Summe zum Zeitpunkt X zur Verfügung steht. In diesem Fall ist eine größere Sicherheit notwendig. Andernfalls platzt möglicherweise der Traum vom Eigenheim, wenn die Wirtschaft schwächelt und der Index an Wert verliert. In der kurzen Frist, falls Du die Geldsumme sicher benötigst, ist der ETF nicht die richtige Wahl. Dann ist das Tagesgeld mit einer höheren Sicherheit verbunden, selbst wenn dort die Zinsen niedrig und die Inflation höher liegt.

Ebenso könnten die Wertschwankungen Deinen Seelenfrieden beeinflussen. Überprüfst Du ständig den aktuellen Stand und löst es einen Stress bei Dir aus, wenn die Zahlen mal im roten Bereich liegen, ist der ETF vielleicht nicht das richtige Anlageprodukt für Dich.

Dein Geld solltest Du so anlegen, dass Du damit glücklich wirst. Der ETF ist aus finanzieller Sicht langfristig zwar die beste Entscheidung, doch wenn Dich die Schwankungen an der Börse nicht schlafen lassen, solltest Du über Alternativen nachdenken.

Machtkonzentration

Bist Du skeptisch, dass wenige Unternehmen die Kontrolle über die Finanzwelt erlangen? Sagen Dir die Investmentgesellschaften Blackrock[1] und Vanguard[2] nichts?

Diese beiden Finanzdienstleister besitzen zusammen einen Marktanteil von über 50% der Indexfonds. Blackrock allein kommt dabei sogar auf einen Gesamtanteil von knapp einem Drittel.

Der Grund dieser Marktkonzentration ist bei Indexfonds relativ simpel. Damit diese kosteneffizient arbeiten, ist eine höhere Investitionssumme vorteilhafter. Dadurch teilen sich die Fixkosten durch höhere Einnahmen, weshalb für jeden einzelnen Anleger die Kostenlast sinkt.

Im Umkehrschluss hat dies eine Konzentration des Anlagevermögens in wenige Indexfonds zur Folge. Denn aus Sicht des Anlegers sind günstige ETFs mit einer geringen TER wesentlich interessanter. Überlegst Du in einen Welt-ETF zu investieren, ist vor allem die TER ausschlaggebend dafür, für welchen ETF zu Dich entscheidest.

Je höher das verwaltete Vermögen im ETF, desto geringer die TER. Damit sind kleinere Anbieter im Nachteil und die „Großen“ gewinnen an Marktanteilen hinzu.

Da die Gesellschaften das Stimmrecht ausüben, besteht das Risiko einer zu großen Einflussnahme. Wenige ETF Anbieter beherrschen somit zu großen Teilen die Unternehmenspolitik und auch die Weltwirtschaft.

Eine Korrektur durch die Anleger ist nur schwer möglich. Somit könnten die Gesellschaften etwa auf eine maximale Rendite drängen und dabei etwa andere Ziele, wie etwa die soziale Verantwortung oder die Umwelt aus den Augen verlieren.

Im Grunde musst Du bei der Anlage in ein Produkt von Blackrock und Vanguard darauf vertrauen, dass diese Ihre Macht nicht missbrauchen und die Interessen der Anleger bestmöglich vertreten.

Verstärken globale Trends

Die hohe Machtkonzentration und das verwaltete Fondsvermögen führen dazu, dass damit nicht nur die Wirtschaftsentwicklung abgebildet wird. Vielmehr nehmen ETF Anleger und Fondsgesellschaften einen Einfluss auf die jeweilige Wertentwicklung der Börsen.

Die Börse agiert nicht immer rational. Kurse bilden nicht den tatsächlichen Buchwert der Unternehmen ab, sondern entstehen aufgrund von Angebot und Nachfrage. Damit spielen auch die Erwartungen an das Unternehmen eine große Rolle, welche in den Kurs einfließen.

In Krisenzeiten kann dies dazu führen, dass die Machtkonzentration der Fondsgesellschaften zu einem größeren Kursverlust führen. Dies ist etwa möglich, wenn Anleger während eines Kursverfalls sich dazu entscheiden, die ETF Anteile zu verkaufen.

In der Folge müssen physisch replizierende ETFs ebenfalls die Aktien verkaufen. Handelt es sich um ein größeres Volumen, setzt dies eine Abwärtsspirale in Gang. Andere Anleger, die etwa direkt die Aktien gekauft haben, sehen den Kursverfall und versuchen ebenfalls die Wertpapiere zu verkaufen, um einen größeren Verlust zu vermeiden.

Dadurch setzt sich ein Teufelskreis in Gang, der die negative Entwicklung beschleunigt. ETF Anleger besitzen somit einen direkten Einfluss auf die Wertentwicklung an der Börse. Ein einzelner Anleger wird hierbei kaum einen Unterschied machen. Doch besteht etwa die Empfehlung, aus einem bestimmten ETF auszusteigen, könnten einige Anleger diesem Rat folgen und damit die Abwärtsspirale in Gang setzen.

Vorsicht bei Swap ETFs

ETFs bedeuten nicht zwangsweise, dass die Aktienanteile entsprechend des Index gekauft werden. Bei ETFs mit einem größeren Investitionsvolumen ist dies kein Problem. Diese agieren „physisch replizierend“ indem Sie tatsächlich den Index abbilden.

Entscheidest Du Dich für einen kleineren Nischenfonds, würde dies Probleme verursachen. Hierbei könnten stärkere Abweichungen vom Index auftreten, sodass das Ziel, diesen bestmöglich nachzubilden, nicht möglich ist.

Angesichts dessen geht die Fondsgesellschaft ein Tauschgeschäft ein. Sie investiert nicht in Aktien des Index, sondern in andere Wertpapiere.

Die Wertentwicklung dieser Anlage, tauscht der ETF mit einem Swap-Partner. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Großbank. Im Gegenzug garantiert die Großbank die Auszahlung der Rendite des abgebildeten Index.

Somit ist für den ETF sichergestellt, dass dieser exakt die Rendite „erwirtschaftet“, die die Anleger erwarten. Tracking Error und Kosten sind auf diesem Wege minimal.

Die Großbank könnte zudem davon profitieren, dass die Rendite der Wertpapiere höher ist als der abgebildete Index. So stellt der Swap-Partner die Rendite des Index zur Verfügung und verdient im besten Fall an der höheren Rendite der Wertpapiere.

Zu beachten ist bei diesem Konstrukt, dass nicht das komplette Kapital des ETFs dem Sondervermögen unterliegt. Es besteht ein Kontrahentenrisiko für Anleger. Sollte der Swap-Partner zahlungsunfähig sein, führt dies zu einem Verlust des Fondsvermögens.

Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ist dieses Ausfallrisiko allerdings nur auf 10% des Fondsvermögens begrenzt. Investierst Du also in einen kleineren Fonds, besteht das Risiko, dass zumindest ein Teil des Fondsvermögens im Falle der Insolvenz verloren geht.

Dies trifft aber ausschließlich auf Swap ETFs zu. Bei physisch replizierenden ETFs, die die Wertpapiere kaufen, ist solch ein Insolvenzrisiko nicht gegeben. Das Fondsvermögen gehört komplett zum Sondervermögen, sodass im Falle einer Insolvenz, Du das Depot ganz einfach zu einem anderen Anbieter, ohne Zusatzkosten, umziehen darfst.

Abweichungen vom Index

Das Ziel mit dem Kauf eines ETFs besteht darin, einen bestimmten Index nachzubilden. Dies kann etwa der MSCI-World sein oder ein Emerging Markets Index. Auf diese Weise beteiligst Du Dich direkt mit dem ETF an der wirtschaftlichen Entwicklung. Wächst die Weltwirtschaft, möchtest Du die entsprechende Rendite erhalten.

Eine 100%ige Abbildung des Index und damit der Rendite ist jedoch nicht möglich. Die Abweichungen entstehen etwa durch die laufenden Verwaltungskosten des ETFs. Diese sind zwar gering, schlagen sich aber dennoch in der Rendite nieder. Dies führt dazu, dass selbst im Optimalfall der ETF den Index immer leicht unterperformen wird.

Teilweise führen auch regulatorische Einschränkungen zu einer Differenz mit dem zugrundeliegenden Index. Dies ist etwa der Fall, wenn der Anteil einer Einzelaktie einen gewissen Wert nicht übersteigen darf. Dann ist der ETF gezwungen in andere Wertpapiere zu investieren und es ist ihm nicht möglich, den Index physisch zu replizieren.

Der Tracking Error[3] ist in den meisten Fällen gering und kaum zu spüren. Dennoch lohnt es sich neben der TER auch die Tracking Differenz zu betrachten, um die „wahre“ Rendite des ETFs zu erfahren. Andernfalls könntest Du davon überrascht sein, dass der ETF nicht die Rendite des Index abbildet.

Preisvergleich

ETFs gehören zu den günstigsten Anlageprodukten. Einen ETF Sparplan kannst Du kostenlos einrichten und die jeweiligen Transaktionen sind mit minimalen Gebühren verbunden. Diese bewegen sich größtenteils in einem Bereich von wenigen Euro, wobei oftmals auch Angebote existieren, bei denen Du für 0,50€ etwa bestimmte ETFs besparen kannst.

Verfügst Du über ein hohes Vermögen, könnte es günstiger sein, das Geld in Einzelaktien zu investieren und selbst die Verwaltung zu übernehmen. So effizient ein ETF arbeitet, so zehren dennoch die Kosten etwas an der Rendite.

Kaufst Du Aktien, sind damit nur einmalige Transaktionskosten verbunden. Im Gegensatz zum ETF fallen nun aber keine Kosten mehr für das reine Halten der Aktien an.

Sinnvoll ist das Aktienportfolio im Gegensatz zum ETF Portfolio aber nur, wenn Du über ein entsprechend hohes Vermögen verfügst. Um eine breite Diversifizierung zu erreichen, sollte dies mindestens im 7-stelligen Bereich liegen. Erst dann ist es möglich einen Index eigenständig nachzubauen und auf die Kosten eines ETFs zu verzichten.

Allerdings ist dies auch mit Risiken verbunden. Du musst ständig den Anteil der Aktien anpassen, um etwa den Index korrekt abzubilden. Dies geht mit einem größeren Verwaltungsaufwand und einer Abweichung zur Indexentwicklung einher.

Rein aus Kostensicht solltest Du die Aktien einem Indexfonds nicht vorziehen. Auch die Aktien sind mit gewissen Nachteilen verbunden.

Wahr ist allerdings, dass die Aktien bei langfristiger Anlage günstiger sein können. Bevorzugst Du ohnehin den Aufbau eines eigenen Aktienportfolios und bist Du Dir der Risiken bewusst, ist dies wahrscheinlich kosteneffizienter als der ETF.

Können zum Zocken verleiten

ETFs stellen für Privatanleger häufig den ersten Kontakt mit der Finanzwelt und Investitionen an der Börse dar. Da Girokonten und das Tagesgeld schon lange keine Alternative mehr sind, um das Geld vor der Inflation zu schützen, sind andere Anlageprodukte gefragt.

Ein Depot ist schnell eingerichtet und heutzutage komplett in einem Online-Verfahren möglich. Der monatliche Sparplan ist erstellt und nun wächst die Geldanlage kontinuierlich.

Für manche Anleger könnte dies aber nicht genug sein. Mit der Anlage in den Fonds hat sich eine völlig neue Welt eröffnet. Verlockend erscheinen höhere Renditen, die etwa mit der Investition in Einzelaktien möglich erscheinen.

Gefährlich sind daher ETFs für Personen, die über eine geringe Selbstdisziplin verfügen. Denn die Anteile am ETF können schnell verkauft werden, sodass das Geld direkt auf dem Konto zur Verfügung steht.

Damit ist es möglich in den nächsten „heißen“ Tipp zu investieren. Selten zahlt sich diese Zockerei aus, sodass ein Verlust eintritt.

Für solche Personen wären in der Theorie langfristige Sparanlagen, wie etwa das Festgeld sinnvoller. Allerdings ist dort aufgrund der hohen Inflation keine Rendite zu holen, weshalb dies als Alternative ausfällt.

Da ETFs an der Börse gehandelt werden, handelt es sich praktisch um liquides Vermögen. Verfällst Du schnell in Impulskäufe, könnte sich dies als Nachteil eines ETFs herausstellen, wenn Du mit wenigen Klicks die Anteile verkaufen kannst und das Geld Dir zur Verfügung steht.

In diesem Fall ist es notwendig an der Selbstdisziplin zu arbeiten. Funktioniert dies nicht, kann die Verwaltung des Depots an eine andere vertrauensvolle Person übertragen werden. Du hast dann keine Möglichkeit mehr die Anteile zu verkaufen und der Versuchung das Geld kurzfristig zu verzocken, kannst Du nicht erlegen.

Die Kritikpunkte des ETFs

Wie bei jedem Anlageprodukt ist auch der ETF mit gewissen Nachteilen verbunden. Die wichtigsten Punkte sind hierbei die möglichen Wertschwankungen in der kurzen Frist und die hohe Machtkonzentration der Fondsgesellschaften.

Nach Abwägung der Vor- und Nachteile ist der ETF für mich dennoch die beste Anlage für den langfristigen Vermögenszuwachs. Die Risiken sind überschaubar und solange Du Dich nicht dem Stress aussetzt, täglich die Werte zu überprüfen, wirst Du in Ruhe schlafen.

Sebastian Jacobitz (M.Sc.)
Sebastian Jacobitz (M.Sc.)
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