Lohnt es sich in der Krise antizyklisch zu investieren?

Am Aktienmarkt möchtest Du so viel Geld verdienen, wie es Dir möglich ist. Dazu stellt sich nicht nur die Frage, in welche Werte Du investierst, sondern auch zu welchem Zeitpunkt dies geschehen sollte. Schließlich möchtest Du von steigenden Kursen profitieren und den passenden Moment finden, an welchem Du die Aktie kaufst und wieder verkaufst.

Als grundsätzliche Gestaltungsmöglichkeiten steht es Dir frei, entweder zyklisch oder antizyklisch zu investieren. Doch was ist unter diesen Begriffen zu verstehen und welche Investitionsstrategie zahlt sich am Ende aus?

Das zyklische Investieren

Der Verlauf der Wirtschaft wird meist in Zyklen gesehen. Die Zyklen können zum Beispiel von der Jahreszeit abhängig sein, aber auch einen allgemeinen Trend darstellen. Jahren der Wachstumsphase folgt ein Zyklus des Abschwungs. Diese Trends werden zudem maßgeblich von der Fiskalpolitik[1] beeinflusst. In wirtschaftlich schwächeren Phasen werden die Zinsen gesenkt, sodass das Wirtschaftswachstum angekurbelt wird. Besteht ein hohes Wirtschaftswachstum über einen längeren Zeitraum, steigen die Zinsen, um ein Überhitzen des Marktes zu verhindern. Das Wachstum schwächt sich ab und ein negativer Trend könnte folgen. Somit ist es im Sinne der Fiskalpolitik, eine Balance aus gesundem Wachstum und Inflation zu erzielen.

Beim zyklischen Wachstum besteht der Glaube, dass die Kursverläufe der Aktien der Wirtschaftskonjunktur entspricht. Ist ein schwächeres Wachstum oder gar eine Rezession abzusehen, fallen die Kurse. Geht es der Wirtschaft besser, werden steigende Kurse erwartet. Damit befinden sich Aktien und die Konjunktur im weitestgehenden Einklang.

Das zyklische Investieren bedeutet nun, dass während der Wachstumsphase Aktien erworben werden, um von diesem positiven Trend zu profitieren. Sinken die Kurse, werden die Aktien verkauft. Im Idealfall entsteht auf diese Weise in wirtschaftlichen Aufschwungphasen ein Gewinn.

Diese Strategie wird vor allem von Anlegern verfolgt, die kaum über Erfahrung am Aktienmarkt verfügen. Sie folgen dem allgemeinen Trend und versuchen ein geringes Risiko einzugehen.

Antizyklisch investieren

Beim antizyklischen Investieren versuchst Du den Tiefpunkt der Aktie zu treffen, um den Aufschwung voll mitzunehmen

Von der Entwicklung der Börse zu profitieren, bedeutet im Regelfall einen Informationsvorsprung zu nutzen. Das zyklische Investieren bietet hierbei den Nachteil, dass einem allgemeinen Trend gefolgt wird, welcher allen Marktteilnehmern bekannt ist. Der Aufschwung ist daher zum Großteil eingepreist. Die Chance zu gewinnen erweist sich damit als relativ niedrig.

Eine andere Herangehensweise könnte das antizyklische Investieren sein. Bei diesem verhält sich der Anleger genau gegenteilig von dem, wie die Masse vorgeht. Fallen die Kurse, werden Aktien zu einem günstigen Preis erworben. Beginnt eine wirtschaftliche Wachstumsphase und steigen die Kurse, werden die Aktien profitabel verkauft. Dadurch wird bewusst ein höheres Risiko eingegangen, aber auch die Möglichkeit größerer Gewinne realisiert.

Wichtig für das antizyklische Investieren ist, dass eine tiefergehende Analyse der Werte erfolgt. Entscheidest Du Dich in ein Unternehmen zu investieren, während die Wirtschaft gerade schwächelt und die Kurse fallen, solltest Du sicher sein, dass die Geschäftsgrundlage nicht gefährdet ist. Das Unternehmen sollte auf einem soliden Fundament stehen, um diese Krise zu überwinden und wieder vom Aufschwung zu profitieren. Andernfalls besteht das Risiko, dass sich das Unternehmen von der Schwächephase nicht erholen kann und im schlimmsten Fall in die Insolvenz geht. Ist dieses Ausfallrisiko gering, könnte es durchaus lohnenswert sein, die Aktie zu einem günstigen Kurs zu erwerben und später in der Wachstumsphase wieder zu verkaufen.

Chancen des antizyklischen Investierens

Anders als beim zyklischen Investieren, fordert die antizyklische Strategie, eine tiefergehende Analyse. Es muss genauer das Risiko abgeschätzt werden, mit dem ein Ausfall der Investition erfolgt oder das Unternehmen sich nicht mehr erholt.

Gleichermaßen ist auch das Timing wichtig. Im Idealfall wird die Aktie am Tiefpunkt der Krise erworben und am Höhepunkt verkauft. So einfach sich dieser Grundsatz anhört, ist es in der Praxis schwierig diese Punkte abzupassen. Im Rückblick erscheint es immer offensichtlich, wann diese Zeitpunkte stattfanden. Doch in der Gegenwart fallen die Kauf- und Verkaufsentscheidung wesentlich schwerer. Um herauszufinden, wann der perfekte Moment für den Verkauf ist, sollte ein tieferes Verständnis, nicht nur für den Anlagewert, sondern auch dem allgemeinen Markt vorhanden sein. Es müssen einige Kennzahlen und Prognosen geprüft werden, um die aktuelle Stimmung aufzufangen. Erst wenn die Zeichen klar auf einen wirtschaftlichen Abschwung ausgerichtet sind, sollte der Verkauf erfolgen.

Dabei muss Dir bewusst sein, dass es unmöglich ist immer den exakten Tiefpunkt zu bestimmen. Entscheidest Du Dich für das antizyklische Investieren, kann es sein, dass die Kurse weiter fallen und Du zunächst einen Verlust einfährst. Daher musst Du entweder mit dem vorübergehenden Verlust leben oder einen Stopp setzen, an welchem Du die Aktie lieber verkaufst.

Beim Aktienhandel wird dafür gerne die Analogie des „fallenden Messers“ benutzt. Eine Aktie, deren Kurs gerade abstürzt, kann dem Käufer eine große Verletzung zuführen. Auf der anderen Seite ergibt sich auch die Chance, dass Du eine unterbewertete Aktie erhältst, die zu einem günstigen Preis erhältlich ist. Da die Mehrheit der Besitzer die Aktie verkauft, sinkt der Preis und Du kannst ein Schnäppchen schlagen.

Dadurch ergeben sich mit dem antizyklischen Investieren größere Renditechancen, aber auch Risiken, die mit einem Verlust des Investitionswertes einhergehen. Diese Strategie ist eher für erfahrene Anleger zu empfehlen, die sich diesem Risiko bewusst sind und einen Verlust verkraften.

Ist es sinnvoll den Markt zu timen?

In der Gesamtbetrachtung muss nicht nur der Vergleich, ob zyklisches oder antizyklisches Investieren besser ist, gezogen werden, sondern ob es überhaupt sinnvoll ist, die Zeitpunkte abzupassen. Denn beim „timen“ versuchst Du den besten Zeitpunkt zu erwischen. Dein Geld ist daher nicht am Markt investiert und liegt praktisch ohne Rendite auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto. Wartest Du über einen längeren Zeitraum und siehst keine Möglichkeit zu einem Einstieg, entgeht Dir auf diese Weise jede Menge Rendite.

Investierst Du in umfangreichere Werte, wie etwa einem ETF, zeigen Studien, dass es sich nicht lohnt den Markt zu timen. Es ist profitabler, zu einem beliebigen Zeitpunkt, dafür aber sofort, einzusteigen, als für längere Zeit abzuwarten.

Konkret bedeutet dies, dass entgangene Rendite durch das Warten im Durchschnitt höher ist, als der mögliche Gewinn, der durch das Timen realisiert werden soll. Aus diesem Grund ist es für eine langfristige Strategie besser, lieber sofort das Kapital zu investieren. Mögliche kurzfristige Abschwungphasen werden durch eine längere Haltedauer ausgeglichen, sodass die durchschnittliche Rendite erzielt wird.

Anders sieht es aus, wenn Du nur in einzelne Werte und über einen kürzeren Zeitraum investierst. Möchtest Du Dich aktiv an der Börse einbringen und des Öfteren mit einzelnen Aktien handeln, solltest Du versuchen die bestmöglichen Zeitpunkte zu bestimmen. Die Volatilität ist größer, wenn Du nur in wenige Werte investiert bist. Daher sind die Auswirkungen der wirtschaftlichen Phasen höher und für Dich stärker zu spüren.

Bietet sich das antizyklische Investieren für Dich an?

In Aktien zu investieren ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Entscheidest Du Dich dafür dem allgemeinen Trend zu folgen, erscheint das Risiko geringer. Die Kurse werden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit steigen und zu einem Gewinn führen. Allerdings ist dieser Trend bereits eingepreist und die hohe Nachfrage treibt die Preise in die Höhe. Dein möglicher Gewinn ist also relativ gering und es ist nicht gesichert, dass sich der Trend in der Zukunft fortsetzt.

Als Alternative bietet sich das antizyklische Investieren an. Dabei gehst Du genau den umgekehrten Weg und investierst in der wirtschaftlich schwächeren Phase. Möglichst am Tiefpunkt erwirbst Du die Aktie und versuchst den Aufschwung mitzunehmen. Dadurch entstehen größere Renditechancen, aber es besteht auch das Risiko, dass das Unternehmen sich kaum erholt und der negative Trend sich fortsetzt.

Das antizyklische Investieren ist daher nur für Anleger zu empfehlen, die bewusst ein höheres Risiko eingehen, um die Gewinnchancen zu erhöhen. Investiere nur einen geringen Teil Deines Vermögens auf diese Weise, um die Verlustrisiken zu begrenzen.

Geht es Dir um eine langfristig vernünftige und sichere Investition, sind ETFs die bessere Alternative. Dabei spielt das Timing des Marktes keine Rolle, da die durchschnittliche Rendite beim Soforteinstieg höher ist, als wenn Du Dein Geld nicht investierst und lieber abwartest. Über einen Zeitraum von über 10 Jahren ist der Einfluss der wirtschaftlichen Konjunkturphasen geringer, sodass ein Timing nicht sinnvoll ist.

Auf Grundlage dieser Bewertung kannst Du für Dich entscheiden, ob das risikoreiche antizyklische Investieren etwas für Dich ist, oder Du lieber sicher und langfristig Dein Geld anlegen möchtest.

Sebastian Jacobitz (M.Sc.)
Sebastian Jacobitz (M.Sc.)
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