Über Geld spricht man nicht? Vorteile der finanziellen Transparenz

Eigentlich möchte man meinen, dass Deutschland eine sehr offene Gesellschaft sei. Die Meinungsfreiheit wird als wichtiger Bestandteil der Demokratie angesehen. Doch wenn es um das Thema Geld geht, wird es schnell still.

Kaum jemand möchte offen über seine finanziellen Verhältnisse reden. Wie viel das Haus gekostet hat, die Höhe des Gehaltes oder ähnliche Themen führen häufig nur zu unangenehmen Gesprächspausen.

Doch wieso ist es immer noch so weitverbreitet, dass über Geld nicht gesprochen wird?

Geld als Tabuthema

Über Geld zu sprechen fällt in Deutschland nicht leicht. Dabei handelt es sich nicht nur um ein ungefähres Gefühl, sondern Umfragen[1] bestätigen dieses Tabuthema. Nur ein kleiner Teil der Befragten gibt an, mit engen Freunden über Geld zu reden. Die meisten ignorieren dieses Thema jedoch und verzichten gänzlich darauf, sich über die Finanzen auszutauschen.

Auch beim Thema Gehalt tritt diese Verschwiegenheit auf. Dabei wäre es gerade dort so wichtig sich mit den Kollegen auszutauschen. Deckt diese Transparenz doch große Unterschiede auf und sorgt dafür, dass gewisse Nachteile ausgeglichen werden können.

Übrigens ist eine Klausel, welche verbietet über das Gehalt zu reden unwirksam[2]. Nur in wenigen Einzelfällen können Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, ein Verbot auszusprechen. Dies könnte dann etwa zutreffend sein, wenn die Offenlegung des Gehaltes die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gefährdet. Für die meisten Arbeitnehmer bedeutet dies jedoch, dass Sie über das Gehalt offen mit den Kollegen reden dürfen. Das Vorurteil, dass es verboten sei am Arbeitsplatz über das Gehalt zu reden, bestätigt sich damit nicht.

Rein rechtlich ist es also kein Problem, wenn Du Dich mit Freunden und Kollegen über Deinen Verdienst austauschst. Dennoch ist es gesellschaftlich tief verankert, sich nicht über das Geld auszutauschen. Doch wieso ist Geld weiterhin ein Tabuthema?

Weshalb wird so wenig über Geld gesprochen?

Während in anderen Teilen der Welt, wie etwa den USA, viel offener über Geld gesprochen wird, ist dies in Deutschland verpönt. Kaum jemand möchte offen sagen, wie hoch der Verdienst und ob finanzielle Probleme die eigene Lebenssituation belasten.

Es gibt sogar eine Reihe von Vorurteilen, die das Reden über Geld negativ belasten. Wieso ist es in Deutschland so tief verwurzelt, dass niemand über Geld spricht?

Geld verdirbt den Charakter

Sicherlich hast Du auch mal den Spruch gehört, dass Geld den Charakter verderbe. Damit einher geht etwa das Vorurteil, dass reiche Personen sich egoistisch verhalten würden und das Geld auf unfaire Weise erwirtschaftet wurde. Auch bei Lottogewinnen oder innerhalb der Familie, wenn etwa ein Erbfall ansteht, wird gerne behauptet, dass unter dem Geld der Seelenfriede leide.

Auf der anderen Seite gilt Bescheidenheit als christliche Tugend. Wem nur wenig Geld zur Verfügung steht, der weiß wie sich dieses Leid anfühlt und ist eher bereit zu teilen.

Dass Geld den Charakter verderbe lässt sich pauschal natürlich nicht belegen. Dennoch gibt es wissenschaftliche Studien[3], die auf diese Aussage Bezug nehmen. Diese haben tatsächlich bestätigt, dass Geld zu einem höheren Geiz und Gier führe. Die Auswirkungen zeigen sich dabei sogar schon im Kindesalter.

Neben den vielen negativen Beispielen von Steuerhinterziehern und Steueroasen sollten aber die positiven Bilder nicht vergessen werden. Es gibt ebenso viele reiche Personen, die lieber im Hintergrund Ihr Vermögen spenden und über Stiftungen einem wohltätigen Zweck zukommen lassen.

Dass Geld den Charakter verderbe, hält sich aber weiterhin hartnäckig als bekanntes Sprichwort.

Neid und Missgunst

Deutschland gilt als Leistungsgesellschaft. Trotz des hohen Wohlstandes, welcher sich erarbeitet wurde, gilt es als wenig rühmlich von den Erfolgen zu erzählen.

Denn so gut es Deutschland im globalen Vergleich auch geht, so trifft es leider auch zu, dass es sich in weiten Teilen um eine Neidgesellschaft handelt. Dies ist umso bezeichnender, da in Deutschland der Anteil an Wohlhabenden, die mit eigenen Mitteln das hohe Vermögen angehäuft haben, relativ hoch ist. Sie sind also nicht über eine Erbschaft, Unterstützung der Eltern oder Lottogewinn zum Vermögen gekommen, sondern haben es sich selber erarbeitet. Dennoch haben nach einer Umfrage[4] rund drei Viertel der Vermögenden mit einem liquiden Vermögen von mehr als 100.000 Euro das Gefühl in einer Neidgesellschaft zu leben.

Eine Ursache könnte im Neid und der Missgunst könnte darin liegen, dass von Vornherein nur wenig über Geld gesprochen wird. Während etwa in den USA oder Großbritannien es kein Problem ist sich als Millionär zu outen, gilt dies in Deutschland als schlechter Stil. Daher leben die reichsten Menschen Deutschlands eher abgeschottet von der Öffentlichkeit und vermeiden es der Neiddiskussion eine Angriffsfläche zu bieten.

Gleiches gilt auch im kleinen Kreis, weshalb es vermieden wird über das Geld oder die Karriere zu sprechen. Während in den USA es zum Beispiel kein Problem darstellt über Erfolg oder Misserfolg der eigenen Finanzplanung zu sprechen, wird dies in Deutschland eher mit Neid oder Häme beantwortet.

Angst vor negativen Reaktionen

Reiche Person
Reiche Personen werden in Deutschland als egoistisch und materialistisch angesehen

Vermögen und Reichtum sind in Deutschland eher mit negativen Adjektiven[5] belegt. Wer etwa als Arzt oder Anwalt sich durch ein schwieriges Studium gekämpft hat, muss sich nicht selten gegen negative Vorurteile wehren. Wohlhabende Personen werden zum Beispiel öfter mit den folgenden Eigenschaften verbunden:

Materialistisch
Egoistisch
Rücksichtslos
Gierig

Deutlich seltener sind hingegen positive Assoziationen, wie:

Fleißig
Wagemutig
Intelligent
Visionär

Es ist also wenig verwunderlich, dass Vermögende lieber nicht über Geld sprechen, um solch negative Assoziationen zu vermeiden.

Welche Vorteile hat es über Geld zu sprechen?

Über Geld nicht zu sprechen mag zwar in Deutschland normal sein, doch ergeben sich daraus einige Nachteile. Folgend erfährst Du, welche positiven Seiten es hat, sich über das Geld auszutauschen.

Grundlage für Gehaltsverhandlungen

Gehaltsverhandlung - Transparenz
Über Geld zu sprechen verleiht Dir Mut und eine bessere Perspektive für die nächste Gehaltsverhandlung

Seinen eigenen Marktwert zu kennen ist eine wichtige Basis, um in Gehaltsverhandlungen sich nicht unter Wert zu verkaufen. Mir ist es selber so ergangen, dass ich nach dem Studium nervös zum Vorstellungsgespräch gegangen bin und mir ein Arbeitsvertrag mit einer relativ geringen Bezahlung angeboten wurde. Da dies eine sehr spezielle Tätigkeit ohne viel Konkurrenz und Informationen war, wusste ich nicht, dass das Gehaltsangebot unterdurchschnittlich war. Im Gespräch mit den Kollegen hat sich dann herausgestellt, dass ich trotz höherer Qualifikation mit das niedrigste Einstiegsgehalt hatte.

Diese Informationen können nützlich sein, um Gehaltsverhandlungen anzustoßen. Viele Arbeitnehmer sind nicht mutig genug und glauben, dass das niedrige Gehalt angemessen ist. Erst wenn Sie erfahren, dass Kollegen mit derselben Tätigkeit eine höhere Bezahlung erhalten, fühlen Sie genügend Rückhalt, um eine Gehaltssteigerung auszuhandeln.

Bei der eigentlichen Gehaltsverhandlung sollte der Verdienst der Kollegen allerdings keine Rolle spielen. Hier ist es wichtig auf die eigenen Stärken zu setzen und aufzuzeigen, welchen Mehrwert man leistet. Dann sollte es problemlos möglich sein, die Gehaltslücke zu schließen.

Zukunftsplanung mit dem Partner

Finanzen gelten als der Beziehungskiller schlechthin. Sei es, weil der Partner Geld für Dinge ausgibt, die aus eigener Sicht unnütz erscheinen oder weil die Finanzpläne unterschiedlich sind. Möchte ein Partner lieber FIRE betreiben und sich frühzeitig aus dem Berufsleben verabschieden, während der andere lieber Geld für teure Urlaube ausgibt, sorgt dies ohne Frage zu Spannungen.

Um eine gemeinsame Zukunft aufzubauen, ist es auch wichtig, bei der finanziellen Planung auf einer Linie zu sein und zumindest einen Kompromiss zu finden. Dann kann der Zukunft entspannter entgegengeschaut werden, ohne dass die finanzielle Lage zu Konflikten führt.

Eltern im Alter unterstützen

Über Geld reden im Alter
Um im Alter finanzielle Sorgen zu vermeiden hilft es frühzeitig über Geld zu reden

Die Rente soll sicher sein. Im Alter wartet dennoch immer häufiger die negative Überraschung, dass die Rente geringer ausfällt als erwartet. Mitunter kann dies zu starken Einschränkungen führen. Möglicherweise kann das Haus nicht abbezahlt oder die Wohnung muss aufgegeben werden.

Damit dies nicht urplötzlich geschieht, ist es wichtig mit den Eltern über die finanzielle Situation zu sprechen. Sei es, weil Du selber einen Rat benötigst oder Deine Unterstützung anbieten möchtest. Gemeinsam ist es wesentlich einfacher mögliche finanzielle Engpässe zu bewältigen. Je früher damit begonnen wird die Finanzen offenzulegen, desto eher gelingt es die richtigen Weichen zu stellen, um auch im Alter ausreichend abgesichert zu sein.

Weshalb es wichtig ist über Geld zu reden

„Über Geld spricht man nicht“, lautet ein veraltetes Sprichwort. Es galt in der Vergangenheit als wenig elegant, sich über die Finanzen zu unterhalten. War dies doch mit einigen Vorurteilen belastet.

Mittlerweile zeigt sich, dass es wichtig ist, Geld nicht als Tabuthema beizubehalten. Im gegenseitigen Diskurs wird Aufklärung betrieben und die eigene finanzielle Situation kann davon nur profitieren. Je offener mit diesem Thema umgegangen wird, desto eher werden die negativen Vorurteile weichen und die positiven Seiten zur Geltung kommen. Gerade in der Arbeitswelt ist es wichtig, das Gehalt zum Thema zu machen und sich für eine faire Bezahlung einzusetzen.

Sebastian Jacobitz (M.Sc.)
Sebastian Jacobitz (M.Sc.)
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