Die Entscheidung des Hauskaufes ist wohl eine der wichtigsten im Leben. Möchtest Du lieber ein großes Haus mit Grundstück sein und bist bereit dafür auch einen höheren Kredit aufzunehmen oder soll es doch lieber etwas Kleineres sein?
Derzeit liegt eine Phase der niedrigen Zinsen vor. Kredite aufzunehmen, war selten so günstig und selbst ohne Eigenkapital ist es möglich ein Haus zu finanzieren. Dank niedriger Zinsen sind die Kosten gering und die vergangenen Jahre zeigen, dass Häuser beständig im Wert steigen.
Im Zuge des günstigen Geldes könntest Du Dich fragen, ob es überhaupt sinnvoll ist das Haus abzubezahlen oder eine neue Anschlussfinanzierung abzuschließen. Was für und gegen das Abbezahlen des Hauses spricht, erfährst Du in diesem Ratgeber.
Die profitabelste Entscheidung
Zu Beginn sollte eine ganz nüchterne Betrachtung erfolgen, welcher finanziell der „optimale“ Weg ist. Denn rein nach der Emotion zu handeln ist, wenn es um Finanzen geht, selten sinnvoll und es hilft für das Verständnis einmal zu betrachten, welche Kosten mit dem Hauskredit auf Dich zukommen und wie Du Dein Vermögen am besten vermehrst.
Zinsen des Hauskredites
Bei der Betrachtung der Kosten des Kredites, sind vor allem die Zinsen als Faktor zu betrachten. Der reinen Darlehenssumme steht der Wert des Hauses entgegen. Daher handelt es sich hierbei um keinen echten Kostenfaktor.
Die Zinsen entsprechen hingegen einer Gebühr, die dem Ausfallrisiko des Kreditnehmers entspricht. Je höher das Risiko, dass der Kredit nicht bedient wird, desto höher fallen die Zinsen aus.
Abhängig sind die Zinsen zudem vom Leitzins[1]. Dieser gibt an, zu welchem „Preis“ sich die Bank das Geld von der EZB leihen darf, um dies dann für den Hauskredit weiterzuverleihen. Der Leitzins befindet sich auf einem historischen Tiefstand, sodass es äußerst günstig für die Banken ist, sich mit Geld zu versorgen.
Dies hat zur Folge, dass eine Hausfinanzierung heutzutage üblicherweise mit fixen Zinssätzen von bis zu 1% abgeschlossen werden. Damit ist die Zinsbelastung überschaubar und größere Investitionen mithilfe des Fremdkapitals sind möglich.
Opportunitätskosten
Investierst Du all Dein verfügbares Geld in das Haus, erwirtschaftet dies im eigentlichen Sinne keinen Gewinn. Mit dem Haus steht Dir zwar ein positiver Wert gegenüber, doch dieser ist illiquide und damit nicht nutzbar. Das Haus wird von Dir selber bewohnt und nicht als Investitionsanlage gesehen.
Während die Zinsen für den Hauskredit historisch niedrig sind, befindet sich die Wirtschaft weiterhin im Aufschwung. Renditen von über 5% sind im Aktienmarkt keine Seltenheit. Um davon zu profitieren ist die Anlage in einen ETF sinnvoll. Dieser ist breit aufgestellt, sodass das Risiko minimal ist und selbst einzelne Ausfälle von Unternehmen keine Gefahr darstellen.
Das Geld in ETFs anlegen
Rein aus Investitionssicht wäre es für Dich profitabler, so wenig Geld wie möglich in das Eigenheim zu investieren. Hast Du bereits Eigenkapital angespart, erhältst Du eine höhere Rendite, wenn Du das Geld in einen ETF anlegst, als damit den Kredit zu bedienen.
Während beim Kredit Kosten von rund 1% auftreten, erhältst Du etwa mit einem ETF einen Gewinn von 5%. Du vermehrst Dein Vermögen also wesentlich schneller, wenn das Geld in ETFs investiert und das Haus nicht abbezahlt wird.
Erst wenn bei der Anschlussfinanzierung höhere Zinsen zu erwarten sind und die allgemeine Konjunktur sich abgeschwächt hat, ist es sinnvoll das Geld aus den Investitionen abzuziehen und damit den Hauskredit zu bedienen. Grob gilt also die Regel, sobald die Zinskosten niedriger sind als der erwartete Gewinn aus Kapitalanlagen, ist es profitabler das Haus nicht abzubezahlen.
Eine Vereinfachung fernab der Realität
Das vorherige Gedankenspiel zeigt, dass es rein aus Rentabilität besser wäre, das zur Verfügung stehende Kapital anzulegen, anstatt den Kredit für das Haus zu tilgen. Dabei handelt es sich jedoch um eine Vereinfachung.
Außer Acht gelassen wird hierbei, dass das Haus an Wert gewinnt. Gerade in den letzten Jahren sind die Preise am Immobilienmarkt in die Höhe geschossen. Je höher der Anteil der Tilgung des Kredites, desto größer ist auch der Anteil an diesem Wertgewinn. Dies wird auch als „Equity“ bezeichnet, die Du an dem Haus besitzt.
Damit kann gesagt werden, sobald die Zinskosten + Wertgewinn des Hauses die Kapitalanlage schlagen, es eigentlich besser wäre den Kredit abzubezahlen. Dadurch erhältst Du einen größeren Anteil am Eigenheim und nimmst die Wertsteigerung mit. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur, sobald Du auch grundsätzlich bereit bist, das Haus zu verkaufen. Gilt das Haus als Alterssitz und soll nach Möglichkeit nicht verkauft werden, ist die Wertsteigerung wenig von Interesse.
Welche Vorteile hat es das Haus abzubezahlen?
Rein aus finanzieller Sicht sorgen die derzeitigen Rahmenbedingungen dafür, dass es profitabler ist das Haus nicht abzubezahlen. Stattdessen sollte das Geld lieber am Kapitalmarkt investiert werden, um dort die höheren Zinsen mitzunehmen.
Dennoch gibt es gute Gründe, die dafür sprechen, das Haus abzubezahlen.
Sicherheit
Ganz oben steht hierbei die Sicherheit, die durch das Eigenheim erworben wird. Ist Dein Einkommen sicher oder besteht die Gefahr, dass Du Deinen Job verlierst?
Bist Du nicht verbeamtet und droht bei einem Jobverlust, dass die Finanzierung nicht mehr gesichert zu sein, ist es besser das Haus so schnell wie möglich abzubezahlen. Damit gehen zwar einige Jahre einher in denen Du sparsamer leben musst, doch droht die Änderung der Einkommenssituation nicht die gesamte Lebensplanung durcheinanderzuwürfeln.
Geringere psychische Belastung
Aus rein finanzieller Sicht ist es rentabler das Geld nicht in das Haus zu investieren, sondern lieber in einer Kapitalanlage zu belassen. Doch wie wohl fühlst Du Dich dabei, einen hohen Kredit im Nacken zu haben und die Raten jeden Monat zu bedienen?
Für nicht wenige Personen bedeutet der Kredit eine große psychische Belastung. Schulden zu haben kann für schlaflose Nächte sorgen, insbesondere wenn die finanzielle Situation angespannt ist. Ist das Haus einmal abbezahlt, ist dies ein Stressfaktor im Leben weniger. Anstatt ausschließlich die finanzielle Sicht zu berücksichtigen, solltest Du lieber daran denken, was Dich nachts ruhiger schlafen lässt. Das Eigenheim ohne Kredit kann dafür eine große Beruhigung darstellen.
Bis wann sollte das Haus abbezahlt sein?
Ob Du Dein zügig abbezahlst oder es lieber ruhig angehen lässt, hängt maßgeblich von Deinen persönlichem Risikoverhalten und der Einkommenssituation ab. Im Allgemeinen gilt der Grundsatz, dass der Hauskredit bis zur Rente abbezahlt sein sollte. Da mit der Rente das Einkommen für die meisten Personen sinkt, ist es dort von Vorteil die Kreditbelastung nicht im Rücken zu haben. Der Ruhestand kann ohne diese finanzielle Belastung besser genossen werden.
Ist voraussehbar, dass auch mit Bezug der Rente oder der Pension das Einkommen hoch genug ist, um die laufende Kreditrate zu bedienen, muss das Haus nicht abbezahlt werden. Somit könnte auch die dauerhafte Finanzierung denkbar sein.
Muss das Haus abbezahlt werden?
Die Entscheidung, ob ein Haus abbezahlt werden muss oder nicht, hängt derzeit eher von persönlichen Präferenzen ab. Die Phase der niedrigen Zinsen sorgt dafür, dass eine dauerhafte Finanzierung des Hauskredites keine kostenintensive Entscheidung ist, sondern sogar den rentableren Weg darstellt. Anstatt das Kapital im Haus zu binden, ist es wirtschaftlicher dieses in Form von ETFs zu investieren.
Droht die Niedrigzinsphase zu enden und die Kosten des Kredites nehmen deutlich zu, ändert sich die Vorgehensweise. Ist die Anschlussfinanzierung mit deutlich höheren Zinsen verbunden, wird es günstiger das Haus so schnell wie möglich abzubezahlen.
Derzeit ist es jedoch problemlos möglich die Tilgungsraten so niedrig wie möglich anzusetzen und lediglich die Zinsen zu bedienen. Wie schnell und ob das Haus überhaupt abbezahlt wird, ist demnach eine persönliche Entscheidung unter Abwegung der finanziellen Sicherheit sowie der Stressbelastung des Kredites.
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